Haushaltsrede 2006 von Helmut Göschel vom 24.1.2006

Veröffentlicht am 02.02.2006 in Fraktion

Stellungnahme der SPD-Fraktion
zum Haushalt 2006 der Stadt Sinsheim
- Es gilt das gesprochene Wort! –

Dank an Mitarbeiter
Sinsheim-Hoffenheim. Bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung will ich mich namens der SPD-Fraktion gleich am Anfang meiner Rede für ihren Einsatz für die Stadt Sinsheim bedanken. Ich hoffe, dass die gute Motivation auch in diesem Jahr anhält, trotz der immer schwieriger werdenden Anforderungen im engen Haushaltskorsett. Ein besonderes Lob verdient unser Kämmerer Harald Bender, der es erneut geschafft hat, trotz ungünstiger Rahmenbedingungen, einen grundsoliden Haushaltsplan aufzustellen.

Ausgangslage
Die Stadt Sinsheim muss auch 2006 weiter von der Substanz leben. Inzwischen ist absehbar, dass unsere Rücklagen und Sparreserven nicht mehr lange reichen, wenn sich die kommunale Finanzausstattung nicht entscheidend verbessert. Zwar müssen wir unser Ausgabeverhalten an die diese Lage anpassen. Aber da unsere Ausgaben weitgehend geprägt sind von langfristigen Verbindlichkeiten und Pflichtaufgaben, ist das Einsparpotential vergleichsweise gering. Dennoch müssen wir in den nächsten Monaten „jeden Cent umdrehen“ und in einer Haushaltsstrukturkommission nach Einsparmöglichkeiten suchen und gegebenenfalls auch unpopuläre Entscheidungen treffen.

Unsere Erwartung richtet sich an die Bundesregierung der großen Koalition, dass sie die schon lange versprochene Gemeindefinanzreform unverzüglich umsetzt und den Städten und Gemeinden eine nachhaltige Verbesserung ihrer Finanzen beschert. Und wir wollen die Hoffnung nicht aufgeben, dass die Landesregierung endlich aufhört, ihre Haushaltslöcher durch Entnahme aus der kommunalen Finanzmasse zu stopfen. Es ist für uns kein Trost, dass es den meisten Kommunen noch schlechter geht als Sinsheim.

Sinsheim als l(i)ebenswerte Stadt weiterentwickeln

Auch wenn wir kein Geld haben: Wir müssen unsere Stadt weiterentwickeln zu einer noch lebens- und liebenswerteren Stadt. Vieles lässt sich mit wenig Geld erreichen. Planungen und Konzepte müssen vorangetrieben werden, damit wir sofort loslegen können, wenn die Rahmenbedingungen besser sind. Prioritäten müssen gesetzt werden, da wir nicht alles auf einmal umsetzen und schon gar nicht finanzieren können. Diese Prioritäten müssen schon jetzt gesetzt werden, damit in besseren Zeiten die Richtung für die Stadtentwicklung klar ist.
Nur wenn wir unser Ziel vor Augen haben, führen unsere Anstrengungen nicht in die Sackgasse. Wir wollen den Standort Sinsheim weiterentwickeln und als Mittelzentrum stärken. Ich will das an mehreren Schwerpunkten konkretisieren.

Meine Ausführungen stehen unter der Gesamtüberschrift:
Infrastruktur in Sinsheim verbessern

Eine gute Infrastruktur ist ein wesentlicher Standortvorteil. Deshalb gilt es in allen Infrastruktur-Bereichen konzeptionell und in der Umsetzung voranzukommen. Beispielsweise gilt das für Verkehrswege ebenso wie für Kommunikationsnetze, für Kindertagesstätten und Schulen, für Gesundheitseinrichtungen sowie unterstützende Einrichtungen für Senioren. Wir brauchen ein umfassendes Einkaufsangebot und gute ÖPNV-Verbindungen.

1. Verkehrsinfrastruktur

Ich fange mit der Verkehrsinfrastruktur an, weil dieser Bereich unser Investitionsschwerpunkt der nächsten Jahre ist.

Der Ausbau der Autobahn kommt voran. Die dritte Spur in jeder Richtung wird gebaut, Lärmschutz in architektonisch ansprechender Form ist vorgesehen. Die Anschlussstelle Sinsheim-Mitte ist in Arbeit. Eine Entlastung der Ortsdurchfahrten in der Kernstadt und insbesondere in Steinsfurt ist absehbar. Auch wenn die Ausbauzeit an der A 6 noch eine harte Geduldsprobe wird, neben der genannten Entlastung wird der Autobahnausbau auch zu einer Entspannung an der Umleitungsstrecke durch Dühren und Eschelbach führen und die Lärmbelästigung durch die Autobahn dank der mit dem Ausbau verbundenen Lärmschutzmaßnahmen deutlich reduziert werden.

Entlastung vom Autoverkehr brauchen auch andere Stadtteile. Wünschenswerte Umgehungsstraßen z. B. in Hoffenheim, Dühren und Eschelbach müssen für die nächste Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans planerisch vorbereitet werden, zumal vor allem die Belastung durch den Schwerverkehr – nicht nur durch Mautvermeider – weiter zunimmt.

Wichtig ist für uns nach wie vor auch die Nordanbindung, weil sie Voraussetzung für eine autofreie Hauptstraße ist. Wir wollen die Fußgängerzone Hauptstraße immer noch. Wenn diese jedoch mehrheitlich nicht mehr gewollt sein sollte, darüber müssen wir uns im Gemeinderat alsbald Klarheit verschaffen, dann müssten auch die entsprechenden Vorarbeiten eingestellt werden, denn dann wäre eine Nordanbindung reine Geldverschwendung. Unabhängig davon muss auf alle Fälle der gestalterische Ausbau der Wilhelmstraße endlich losgehen. Ein Kreisverkehr an der Einmündung der Stiftstraße ist nach unserer Auffassung auch dann sinnvoll, wenn beim Schulzentrum vorläufig keine weitere Sporthalle gebaut wird.

Die diskutierte Osttangente hat unsere Unterstützung. Allerdings macht sie unseres Erachtens nur Sinn, wenn sie zwischen der B 39 und der Neulandstraße eine durchgehende Verbindung schafft. Eine Zuführung aus Richtung Rohrbach nur bis zum so genannten „Hagner-Kreisel“ – bis jetzt leider nur „Hagner-Kreuzung“ – würde die Verkehrsprobleme im Stadtkern nur weiter verschärfen.

Weiterhin wollen wir Verkehrssicherheit und Verkehrsfluss in ganz Sinsheim durch Einrichtung von Kreisverkehren verbessern, wo immer dies sinnvoll und bezahlbar ist.

Was wir dringend brauchen, ist eine fortgeschriebene Verkehrwegeplanung zumindest für die Kernstadt, unter Einbeziehung der umliegenden Stadtteile. Dazu gehört auch eine entsprechende Fuß- und Radwegeplanung unter Berücksichtigung der neuen Einkaufsstätten und Parkierungsanlagen. Nur mit einem Gesamtkonzept und einer klaren Priorisierung können wir Fehlinvestitionen vermeiden – Patchwork-Planung führt auch finanziell in die Sackgasse. Bei den Prioritäten müssen wir Farbe bekennen!

Die Elektrifizierung der Elsenztalbahn ist im letzten Jahr ein großes Stück weiter gekommen. Wir sind allen beteiligten Kommunen dankbar, dass sie ohne Ausnahme mitmachen, obwohl manchen die Finanzierung extrem schwer fallen wird. Damit ist dieses Jahrhundertprojekt fast unumkehrbar. Jetzt bleibt zu hoffen, dass die Landesregierung die vorgesehene Bezuschussung nicht noch einmal kürzt – zugunsten von Stuttgart 21. Dann kann die S-Bahn im Dezember 2009 nach Sinsheim kommen.

Zu einer funktionierenden Verkehrsinfrastruktur gehört auch der Stadtbus. Das Erfolgsmodell ist in die Jahre gekommen. Jetzt ist eine Optimierung nötig. Einkaufszeiten und Nutzer-verhalten haben sich verändert. Auch die Klagen über Probleme bei der Schülerbeförderung sind lauter geworden. Deshalb muss das Stadtbuskonzept überprüft und weiter-entwickelt werden. Heiße Luft durch den Spritzberg zu transportieren – auch wenn dies vertaktet geschieht – ist „suboptimal“, zumal andernorts Engpässe vorkommen. Diese Arbeit ist mit Hobby-Verkehrsplanern nicht zu leisten, da müssen Profis ran! Vielleicht gelingt es ja endlich, nachdem Ministerpräsident Oettinger und zahlreiche Lernpsychologen einen späteren Schulanfang fordern, Arbeitsbeginn und Unterrichtbeginn zu entzerren und damit die unwirtschaftlichen morgendlichen Spitzenbelastungen abzubauen.

Für die meisten Unternehmen sind neben guter Verkehrsanbindung leistungsfähige Kommunikationsnetze erforderlich. Der digitale Datenverkehr ist für viele Dienstleistungsfirmen unverzichtbar. Deshalb darf sich ein Gewerbe- oder Industriegebietserschließung ohne DSL-Anschluss (Oberer Renngrund in Reihen) nicht wiederholen. Hier muss nun mühsam im Nachhinein darauf hingewirkt werden, dass dieser Planungsmangel beseitigt wird.

2. Sinsheim als Einkaufstadt

Die Einzelhandelsszene in Sinsheim ist endlich in Bewegung gekommen. Wir begrüßen die Ansiedlung von H & M und C & A ausdrücklich. Dies stärkt unsere Kernstadt und führt zu einer Belebung des Stadtkerns im positiven Sinne. Davon können auch die anderen Geschäfte in der Innenstadt profitieren, wenn sie ihre Chance nutzen. Auch die geplanten Handelsmärkte auf der „grünen Wiese“ tragen zur Stärkung des Mittelzentrums Sinsheim als Einkaufstadt wesentlich bei. Wer als Kunde der großen „Magnete“ wegen nach Sinsheim fährt, kann auch als Kunde für Fachgeschäfte und Boutiquen gewonnen werden.

Nun ist es Aufgabe der Stadt, flankierend die Innenstadt attraktiver zu machen – Schritt für Schritt. Dazu gehört ein vernünftiges Parkplatzangebot verbunden mit einem Parkleitsystem. Dazu gehören schön gestaltete Fußwege zu den Geschäften. Dazu gehört auch eine ansprechende Gastronomie und dazu gehört ein sauberhaftes Sinsheim. Wobei die Sauberhaltung der Stadt auch Sache des Einzelhandels und der Bürger sein muss. Es ist keinem Einzelhändler verboten, selbst Hand anzulegen bei der Verschönerung seines Umfeldes. Und in der Burggasse muss Sinsheim auch endlich Farbe bekennen. Ein Bummel durch Sinsheim muss Spaß machen, dann hat die Einkaufstadt Sinsheim gewonnen.

3. Messeplatz Sinsheim.

Sinsheim soll Messestadt bleiben. Wir hoffen, dass alsbald ein tragfähiges Konzept im Zusammenwirken der Familie Layher, der Schall-Gruppe und der Stadt zustande kommt. Wir unterstützen die Verwaltung dabei. Aber was die Mitwirkung der Stadt anlangt, mache ich darauf aufmerksam, dass von allen Messestädten in Baden-Württemberg Sinsheim die kleinste und mit Abstand finanzschwächste Kommune ist. Daher können wir uns in Sachen Messe kein finanzielles Abenteuer leisten. Wir erwarten jedoch, dass die Landesregierung den Standort Sinsheim ebenso aktiv unterstützt, wie sie den Umzug der Schall-Messen nach Stuttgart unterstützt hat. Und wenn sich dann noch Herr Dr. Kühner als Regierungspräsident für Sinsheim ebenso engagiert, wie er das als Abteilungsleiter im Staatsministerium für die Stuttgarter Messe getan hat, sollte der Fortbestand des Messestandorts Sinsheim schon gelingen.

4. Kinderfreundliches Sinsheim

Neben diesen „harten“ Infrastrukturfragen ist aber auch die Kinderbetreuung ein wichtiger Standortfaktor. Zu diesem Thema wiederhole ich meine Äußerungen von 2004 und 2005 unverändert, nach dem Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein. Immer wichtiger wird die Schaffung von Einrichtungen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer ermöglichen. Neben Ganztageskindergärten sind Kinderkrippen und ganztägige Betreuungsangebote für Schüler aller Altersgruppen künftig von hoher Bedeutung für die Standortqualität unserer Stadt im Wettbewerb mit konkurrierenden Städten. Egal wie jeder Einzelne in dieser Frage eingestellt ist. Wenn wir kein Volk ohne Kinder werden wollen, bleibt uns auf Dauer kein anderer Weg als ein umfassendes Angebot an Kindertagesstätten vorzuhalten. Darauf müssen wir uns auch in Sinsheim vorbereiten. Trotz knapper öffentlicher Kassen müssen diese Angebote geschaffen und für alle Einkommensschichten bezahlbar bleiben.

Inzwischen gibt in der großen Politik schon den Wettlauf um den kostenlosen Kindergarten – bisher leider nur verbal. Die entsprechende Forderung der neuen Bundesfamilienministerin von der Leyen ist in Sinsheim und den meisten anderen Kommunen nicht verkraftbar, solange Bund und Land nicht die finanziellen Voraussetzungen dafür schaffen. Bis dahin kann es lange dauern. Deshalb erneuere ich unsere Forderung nach sozial gestaffelten Kindergartengebühren. Neben dem angeblich zu hohen Verwaltungsaufwand wird auch die Ablehnung durch die Kirchen von den Gegnern dieser Art der Elternbeteiligung ins Feld geführt. Dazu zitiere ich aus einem Interview mit dem evangelischen Landesbischof Ulrich Fischer in der RNZ vom 22. November 2005:

RNZ: „Wie beurteilen Sie, dass die kirchlichen Kindergärten in Heidelberg das Beitragssystem der Stadt übernommen haben, das sich nach dem Einkommen richtet? Könnte das ein Beispiel für andere Gemeinden in Ihrer Landeskirche sein?“

Landesbischof Fischer: „Schon in meiner Zeit als Mannheimer Dekan habe ich mich für eine einkommensabhängige Gebührenordnung für die Kindergärten eingesetzt, finde das Heidelberger Beispiel also empfehlenswert, da es die unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten der Eltern berücksichtigt und insofern eine starke soziale Komponente hat.“

5. Schulstadt Sinsheim

Zum Thema Schulen verweise ich auf das im vorigen Jahr gesagte. (Im Protokoll nachzulesen.) Heute nur so viel: Der Ausbau unserer Schulen zu Ganztageseinrichtungen als Angebot in allen Schularten muss schrittweise fortgesetzt werden. Bei der Theodor-Heuss-Schule und im Schulzentrum (Gymnasium und Realschule) sind wir auf dem richtigen Weg. Allerdings muss das Land den Schulen für den Ganztagesbetrieb das nötige pädagogische Personal für eine professionelle Betreuung zur Verfügung stellen.

6. Sportstätten

Sinsheim ist und bleibt eine sportfreundliche Stadt. Dies gilt auch angesichts der Tatsache, dass wir den Bau der wünschenswerten Großsporthalle bis auf weiteres verschieben müssen. Diese Verschiebung hat uns Zeit gelassen, über den Standort nachzudenken. Auch für uns ist der Standort Wiesental „gestorben“. Nicht gestorben ist unser Wunsch, eine dreiteilige Sporthalle zu bauen, sobald wir es uns leisten können. Eine Sporthalle beim Schulzentrum verbessert den Schulsport und schafft Synergien beim Betrieb, deshalb plädieren auch wir für diesen Standort.

Eigenbetrieb Stadtwerke

Die Stadtwerke beschäftigen uns weiterhin. Nachdem wir zunächst gehofft hatten, dass mit der Unterbringung des Baubetriebshofs im ehemaligen Badenwerks-Gelände eine kostengünstige Lösung gefunden wurde, müssen wir uns nun in diesem Jahr intensiv mit diesem Thema beschäftigen und wir müssen eine Entscheidung über die künftige Betriebsform treffen.

Allerdings: Auch in Zukunft bleibt die Versorgung unserer Bevölkerung mit Trinkwasser eine Aufgabe der Daseinsvor-sorge. Dies kann nur durch Verbleib der Wasserversorgung in öffentlicher Hand nachhaltig sichergestellt werden. Daher ist eine Privatisierung dieser Aufgabe mit uns nicht zu machen.

Wir bedauern, dass wir auf dem Wege zu einer gesplitteten Abwassergebühr, die auch die Einleitung von Oberflächen-wasser (Regenwasser) verursachergerecht zur Kostendeckung heranziehen kann, nicht weiter gekommen sind. Auch wenn es zur Verringerung der Flächenversiegelung andere Instrumente gibt - die im Übrigen nur helfen, wenn sie auch eingesetzt werden - im Interesse der Gebührengerechtigkeit hat die Splittinggebühr weiter ihre Berechtigung und wird, wie in anderen Bundesländern, auch in Baden-Württemberg früher oder später kommen.

Der Erhöhung der Hebesätze bei den Realsteuern stimmen wir zwar ohne Begeisterung, aber aus Einsicht in die Notwendigkeit zu.

Die SPD-Fraktion stimmt der Haushaltssatzung mit Haushaltsplan 2006 und dem Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Stadtwerke zu.

gez. Helmut Göschel