SPD Stadtverband Sinsheim

Haushaltsrede für 2022 von M. Czink

Veröffentlicht am 21.12.2021 in Kommunalpolitik

Stellungnahme der SPD-Fraktion im Gemeinderat von

Sinsheim zum Haushalt der Stadt Sinsheim und dem

Wirtschaftsplan der Stadtwerke Sinsheim für das Jahr 2022

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Albrecht,

sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, meine Damen und Herren,

…. mein pers. Eindruck zu unseren Haushaltsberatungen ist inzwischen so, dass es egal ist, ob die Fraktionen eine 12-seitige Haushaltsrede schreiben oder ihre Punkte auf einem Bierdeckel verfassen. Die Resonanz oder das Ergebnis dürfte wohl leider auf das Gleiche rauskommen.

 

vorne weg, muss man zu unserer Gesamtsituation sagen, dass Corona die

HH-Situation, in SNH im speziellen, alles auf den Kopf gestellt hat. Die Veränderungen gegenüber den ursprünglichen Planungen in dieser Krise waren für unsere Stadt enorm, das möchte ich schon gerne vorausschicken ……. u.a. Absage Heimattage, Tourismus-Konzepte, Nutzung der neuen Dr. Sieber-Halle, Badewelt-Erweiterung, finanzielle Einbrüche ….. usw.

Dank

Nicht am Ende meiner Rede, sondern ganz am Anfang möchte ich mich diesmal

im Namen meiner Fraktion bei der Verwaltungsspitze und allen

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung und den

Stadtwerken für ihren Einsatz, Engagement und ihre Arbeit gerade in diesen schwierigen Corona-Zeiten ganz herzlich bedanken. Der Service und die Dienstleistungen für unsere Bürger/innen stellen uns alle momentan vor besondere Herausforderungen. Dafür hier an vorderster Stelle mein ganz herzlicher Dank von der SPD-Fraktion. 

Die Erwartungshaltung im Bereich Bürgerservice wächst in unserer Gesellschaft immer mehr. Immer mehr Bürger/innen denken mehr denn je an ihre Rechte und immer weniger an ihre Pflichten. Man muss leider feststellen, dass der respektvolle Umgang und das gegenseitige Verständnis in Krisenzeiten immer mehr verloren geht. Klar ist aber auch, dass die Verwaltung für die

Bürger/innen da ist und nicht umgekehrt. Dies wird auch hin und wieder mal vergessen.

Eine funktionierende Verwaltung braucht Motivation und Anreize. Die Zeiten, in denen sich der öffentliche Dienst seine Leute aussuchen konnte, sind vorbei. Laut Personalplan scheiden in den nächsten 5 Jahren ca. 150 Beschäftigte altersbedingt aus dem Dienst der Stadt Sinsheim aus. Wir brauchen deshalb ein gutes „Image“ und „Klima“, um wieder die richtigen Leute für die neu zu besetzenden Stellen zu finden. Beim aktuellen Fachkräftemangel und den fehlenden Azubis ist dies jetzt schon eine große Herausforderung.

HH-Sitzung

……. ich gebe zu, noch nie ist es mir so schwergefallen wie in diesem Jahr, eine Haushaltsrede zu schreiben bzw. zu formulieren. 

Dies liegt jedoch nicht nur an Corona, oder den schlechten Zahlen unserer Haushaltssituation, die Problematik scheint tiefgründiger zu sein. Der Stellenwert oder das öffentliche Interesse ist von Jahr zu Jahr gesunken.  Früher war die HH- Sitzung im Dezember ein „Highlight“ der kommunalpolitischen Arbeit. Es war der Abend der Fraktionen. Zitate, Meinungen und Standpunkte weckten noch ein großes Interesse, auch bei der Presse, die auch hintergründig zu kommunalpolitischen Themen im Nachgang ausführlich berichtete.

Mein Eindruck ist, …. um es mal in der Sportlersprache auszudrücken: „Den Ball so flach wie möglich halten,“, …. Länge der Reden zeitlich und der Situation anpassen, ….. es wurde ja schon alles besprochen, ….. mit diesen Attributen werden wir wohl kaum neues Interesse wecken, oder einen Weg finden die jüngere Generation an uns zu binden. Wir müssen neue Wege finden!

Einen neuen Weg geht unsere Stadt bereits mit ihrer neuen Homepage, die in den nächsten Tagen online geht. Mein erster Eindruck, …… gut strukturiert, den aktuellen Erfordernissen eines zeitgemäßen Internetauftritts angepasst. Eine gut besuchte Internetseite lebt von der Aktualität, seinen Inhalten und der ständigen Pflege.

 

SPD-Fraktion

Als SPD-Fraktion mussten wir feststellen, dass es in der kommunalpolitischen

Auseinandersetzung eine deutliche „Klimaveränderung“ gegeben hat. Die SPD-

Fraktion hat sich gerade in jüngster Vergangenheit mit Anträgen,

Präsentationen oder einem Strukturpapier transparent eingebracht, ….. um

Themenpunkte anzustoßen oder um Veränderungen, Diskussionen und

Verbesserungen in den verschiedensten Bereichen herbeizuführen. Doch wir müssen leider frustriert feststellen, dass konstruktive Mitarbeit, kontroverse Vorschläge oder konstruktive Kritik, nicht erwünscht sind. Anders können wir die bisherigen Reaktionen aus dem Gremium auf unsere schriftlichen Vorschläge nicht erklären.

Beim Verkehrs-/Mobilitätsmanagement, Analyse von Personal- und

Verwaltungsstrukturen, strategische Stadtplanungen, neues Wahlverfahren, Initiative zum Erhalt der Elsenzhalle, …. nur um einige zu nennen, ….. haben wir gerade in jüngster Vergangenheit kräftig angepackt, …… bislang leider ohne nennenswerten Erfolg.

Finanzen/Gebührenerhöhungen

„Es muss was passieren, so kann es nicht weitergehen“, hörten wir öfters von unserem Dezernenten Herrn Landwehr, wenn es um unsere Finanzen im Haushalt geht. Dass wir kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabeproblem haben, sollte inzwischen jedem bekannt sein.  Trotz sprudelnder Steuerquellen (vor Corona) und Millionenspenden für Kindergärten oder Sportanlagen unseres Ehrenbürgers Dietmar Hopp, reicht unser Geld momentan hinten und vorne nicht. Im kommenden Ergebnishaushalt haben wir ein Defizit von 2,8 Mio. Euro. Zu Beginn der Haushaltsberatungen betrug der Fehlbetrag sogar noch 5,23 Mio. Euro. Die Kurve unseres Schuldenstands zeigt weiter nach oben.

Größere Gestaltungsspielräume sind für den Gemeinderat im vorliegenden

Haushaltsplan 2022 fast nicht mehr vorhanden. Mit der Sanierung der

Kraichgau-Realschule, Neubau des Kindergarten Dühren, Neubau Feuerwehrhaus Sinsheim, Sanierung der Pfohlhofbrücke in Steinsfurt, sind allein bei diesen Großprojekten schon ca. 26 Mio €  an Investitionsmittel in den nächsten Jahren gebunden.

Trotz der schwierigen finanziellen Gesamtsituation, möchte ich dennoch heute positiv nach vorne blicken und uns allen Mut zusprechen. In den Jahren 2008/09, in der schwersten Finanzkrise nach dem 2. Weltkrieg , hatten wir schon einmal eine sehr schwierige Situation, wie aktuell. 

Damals standen mit Autobahnanschluss, S-Bahn-Ausbau/Museumshalt und Erschließung Gewerbegebiet Süd, auch sehr große Investitionen an, die sich nicht mehr verschieben ließen. Von Projekten, wie Sanierung der damaligen Stadthalle, musste man Abstand nehmen. Auch damals musste die Stadt einen kräftigen „Schluck aus der Pulle“ nehmen und sich neu verschulden

Die damalige Verwaltungsspitze wurde dafür sehr, sehr stark kritisiert. Ich möchte heute nicht den gleichen Fehler machen und ins „gleiche Horn gegenüber der Verwaltung blasen“, …. weil sich gezeigt hat, dass sich die damaligen Investitionen nachhaltig mehr als bewährt haben. 

Parkgebühren/Karlsplatz

Weil wir keine funktionierende Kommunikation bei der strategischen

Stadtplanung mit Verkehrsmanagement haben, kommt es immer wieder bei Maßnahmenänderungen in der Innenstadt zu einem großen Aufschrei, wie kürzlich bei der Parkgebührenerhöhung oder Umgestaltung des Karlsplatzes. Die Umgestaltung und Gebührenerhöhung fand auch die Zustimmung unserer

Fraktion, …. (Anmerk.: Die Eigeninitiative von einer Gruppe der KernstadtRäte/innen, war auch ein „Hilferuf“, …. etwas für eine verkehrsberuhigte und zukunftsgewandte Innenstadt zu tun.)

Doch es passieren auch Fehler. Parkgebühren in den Parkhäusern nach 18 Uhr zu erheben, war keine gute Entscheidung von uns, ….. dies ist  meine Erkenntnis im Nachhinein. Darüber sollten wir nochmals sprechen

Die Umgestaltung des Karlsplatzes im November in einer „Nacht- und NebelAktion“ vorzunehmen war sicher auch ein Fehler. Selbstkritisch muss man sagen, dass im Frühjahr, mit blühenden Blumen und einem sonnigen Flair, die Umsetzung eine wesentlich bessere Akzeptanz gehabt hätte. 

Elsenzhalle

Wie geht es mit der Elsenzhalle und unserem Wiesental weiter? Schon bei der letzten Kommunalwahl haben wir auf unserem Wahlprospekt für Entwicklungslinien und einer klaren Trennung von Freizeit, Sport, Wohnbebauung, Industrie und Gewerbe bei der Stadtplanung plädiert.

Riesengroßen Zuspruch fand unser Presseartikel zum Erhalt der Elsenzhalle in der Bevölkerung. Mit unserer Meinung stehen wir ganz und gar nicht alleine da. Eine Umfrage unter den Bürgern/innen, eine Bürgerversammlung oder eine Unterschriftenaktion würden dies deutlich bestätigen. Warum die RNZ dazu noch keine Bürgerbefragung gemacht hat, verstehe ich als Leser nicht. 

Auch nach der umfangreichen Vorstellung des „Masterplanes Wiesental“, sind wir der Meinung, dass die Elsenzhalle zum festen Bestandteil des Sinsheimer Freizeit- und Sportgeländes gehört. Wir sind strikt dagegen, die Elsenzhalle und den Verkehrsübungsplatz für eine Wohnbebauung umzuwidmen. Es wäre ein riesiger Fehler, der auf Jahrzehnte nicht mehr zu korrigieren wäre. Neue Ziel- und Verkehrskonflikte wären vorprogrammiert. Liebe Kolleginnen und

Kollegen, bedenken Sie bitte ganz genau bei Ihrer Entscheidung in dieser Frage, welche Folgen dies in den verschiedensten Bereichen für Sinsheim hätte.

Medizinische Versorgung

Die Corona-Pandemie hat offengelegt, vor welchen Problemen wir im Bereich der medizinischen Versorgung in den Krankenhäuser und bei der Pflege stehen. Applaus allein reicht nicht aus, um das dringende erforderliche Personal zu gewinnen. Quer durch die Republik gibt es im ländlichen Raum mittlerweile einen Ärztemangel. „Der Arzt ist ein knappes Gut“, sagen selbst die

Kassenärztlichen Vereinigungen. Auch in Sinsheim und den umliegenden Gemeinden wird das Thema Ärztemangel konkreter werden. Viele Arztpraxen stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen, andere finden keine Nachfolger, die ihre Praxis übernehmen wollen. Als Stadt sollten wir einer solchen Entwicklung nicht tatenlos zusehen und versuchen, Anreize zu schaffen, damit unsere

Bürger/innen weiter eine gut funktionierende medizinische Versorgung haben. 

Es gibt bereits Modelle, bei denen Kommunen, etwa die Miete für

Räumlichkeiten oder eines einmaligen Förderbetrages bei der Eröffnung einer Hausarztpraxis, übernommen haben. 

Bildung

Die Pandemie hinterlässt Spuren bei unseren Kindern und Jugendlichen, die aufgearbeitet werden müssen, dafür werden mehr Schulpsychologen/innen benötigt. Die Lage im Bereich frühkindlicher Bildung ist besonders angespannt. Das Land muss mehr Geld für unsere Kleinsten in die Hand nehmen und darf die Kommunen und Träger mit diesem Problem nicht allein lassen

Auch die Förderung der Ganztagesbetreuung darf nicht wegfallen, sonst steht für viele die Vereinbarkeit von Beruf und Familie auf dem Spiel. Beim Thema „Luftfilter“ für unsere Schulen kann man nur noch den Kopf schütteln, dass vom Kultusministerium noch keine praktikablen Lösungen und Förderungen auf dem Tisch liegen, bzw. umgesetzt wurden.  

Gemeinderatsarbeit

Ich prophezeie, dass auch ehrenamtliche Kommunalpolitiker in SNH und seinen Stadtteilen zukünftig immer mehr zur "Mangelware" werden. Der enorme Zeitaufwand, gepaart mit einem hohen Potenzial an Frust, sind nur zwei von mehreren Gründen dafür. 

Ehrenamtliche Gemeinderäte/innen wenden mitunter nicht selten 10 Stunden und mehr pro Woche auf, um ihrer Tätigkeit gerecht zu werden. Die Stelle eines Fraktionssprecher/in geht in Richtung Halbtagesjob. In Corona-Zeiten hat sich bei unserem Sitzungskalender einiges geändert bzw. verschoben. Sitzungen wurden mangels Punkte gecancelt, andere Sitzungen dauerten über 4 Stunden und mehr, ….. einfach viel zu lange. In den letzten Jahren werden ja

schon traditionell in der Juli-Sitzung, vor der Sommerpause,

Tagesordnungspunkte, …… bis zum „Geht nicht mehr“ reingepackt. 

Schon oft angesprochen, bin ich dafür, die Sitzungsdauer zeitlich zu begrenzen. Es wäre sinnvoll, ein klares Ende bei den Sitzungen zu definieren, etwa dass nach 21:30 Uhr keine Tagesordnungspunkte mehr aufgerufen werden dürfen. Eine weitere Idee zur Verschlankung der Sitzungen wäre, dass Anfragen oder Fragen zu TOP im Vorfeld der Sitzung (z.B. min. 24 h vor der Sitzung) schriftlich bei der Verwaltung eingereicht werden können, dann werden diese gleich beim Aufrufen der Tagesordnung erläutert. Fragen und Antworten könnten im

Ratsinformationssystem eingestellt und so allen Gemeinderäten/innen im Vorfeld zugänglich gemacht werden. So würde manche Debatte kürzer ausfallen.

Liebe Kollegen/innen, zum Ende meine Rede habe ich noch eine Anregung. Unser OB möge doch bitte bei der Firma Biontech in Mainz anfragen, ob bei der zu erwartenden Produktionsexpansion und um dezentral Fachkräfte zu finden, Sinsheim nicht als weiterer Standort des Unternehmens in Frage kommen könnte. Mancher wird über diesen Vorschlag schmunzeln, …. dies meine ich durchaus ernst!

 

Liebe Kollegen/innen, wie schon angesprochen, standen wir schon einmal vor großen finanziellen Herausforderungen bei der Aufstellung unserer städtischen Haushalte. Ich bin mir sicher, wenn wir gemeinsam die richtigen Entscheidungen auf den Weg bringen, wird Sinsheim auch diese Krise überstehen. 

Meine Damen und Herren, dem Haushaltsplan 2022 der Stadt Sinsheim und dem Wirtschaftsplan der Stadtwerke 2022 stimmt die SPD-Fraktion einstimmig zu.  

 

Schlussworte/Dank

………. ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit …. und wünsche allen auf diesem Wege eine erholsame und gesegnete Weihnachtszeit, und ein friedvolles, coronafreies und gutes Jahr 2022.

Bleiben Sie zuversichtlich und gesund!

 

gez. Michael Czink, SPD-Fraktionsvorsitzender

Sinsheim, 10.12.2021

 

https://www.spd-sinsheim.de/dl/SPD_HH-Rede_101221_Presse.pdf