SPD Stadtverband Sinsheim

Messeverlagerung

Veröffentlicht am 30.11.2005 in Fraktion

„Wer hat wie gelogen“?
von Holger Lange
Sinsheim. „Wer wusste was wann“? Jener zentrale Fragenkomplex zu dem tagesaktuellen Themen-brennpunkt „Messeverlagerung“ stand im Mittelpunkt der jüngsten Sitzung, der Sinsheimer SPD-Gemeinderatsfraktion, die auf Einladung von Ortsvorsteherin Marianne Meissner im Stadtteil Eschelbach stattfand.
Einen ausführlichen Sachstandsbericht zu dem „Tollhaus Messeabwerbung“, unterlegt mit der gerade veröffentlichten harschen Kritik des Landesrechnungshofes an der Messepolitik der Landesregierung, lieferte der Fraktionsvorsitzende Helmut Göschel.

Es mute schon nach einem „Schildbürgerstreich“ an, wenn die Landesregierung konkurrierende Messestandorte – trotz stagnierender bis rückläufiger Nachfrage - zuerst mit Steuergeldern „auffüttere“, zugunsten des eigenen „Prestige-Projektes“ Landesmesse die Regionalmessen hernach wiederum mit Steuermitteln „platt“ mache und zuletzt den „ausgeplünderten“ Messestandorten Finanzierungshilfen in Aussicht stelle, um den „Raubzug“ nachträglich abzufedern – erneut aus dem Landessäckel. „Hier wurde und wird in unglaublicher und unverantwortlicher Weise Verschwendung betrieben“, kritisierte Göschel den konzeptionslosen „Zick-Zack-Kurs“ der Stuttgarter „Zentralisten“ in Sachen Messepolitik. Einem „Staubsauger“ gleich durchforste die Stuttgarter Messe- und Kongressgesellschaft (SMK) jeden Landeswinkel auf der Suche nach erfolgreichen privaten Messe-Programmen und kaufe deren wirtschaftliches Potenzial mit Rückendeckung der Landesregierung „hemmungslos“ auf, um es in das eigene Portfolio ab 2008 zu übernehmen. „Es findet ein Verdrängungswettbewerb unter den Messen des Landes zugunsten des Stuttgarter Raumes statt, der politisch wie pekuniär gefördert wird“, so der Sinsheimer SPD-Fraktionsvorsitzende. Auf der Strecke blieben die regionalen Messestandorte.

Die Unkenntnis, die die Landesregierung allerorten in Sachen Verlagerung der Schall-Messen befalle, sei höchst befremdlich, verwunderte sich Göschel über die „plötzliche Sprach-losigkeit“ und die „Erinnerungslücken“ der politisch Verantwortlichen aus der „Unternehmensführung Baden-Württemberg“. Gleich drei Staatssekretäre, darunter die „rechte Hand“ des Ministerpräsidenten, seien Mitglieder im Aufsichtrat der SMK und von Anbeginn in die Umzugs-Verhandlungen mit dem Messeunternehmen Schall eingebunden gewesen. Dass der Ministerpräsident, als er wenige Tage vor Bekanntgabe der Abwanderungspläne bei der Festansprache zur Eröffnung des (Messe-)Hotels Sinsheim „zwei Hausnummern“ ent-fernt das „Hohe Lied“ auf den Wirtschaftsstandort Sinsheim sang, nicht „gebrieft“, also nicht unterrichtet gewesen sei, sei entweder ein „Bubenstück“ oder – und dafür spräche vieles – eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit. „Wer hat wie gelogen“?, fragte Helmut Göschel im Blick zurück und forderte Aufklärung über die Umstände und Hintergründe des Messe-Coups. Dass „Reisende“ aber letztlich nicht aufzuhalten seien, verdeutlichte der Sozialdemo-krat auch und mahnte an, nach vorne zu schauen. Die Attraktivität des Geländes an der Peripherie der Stadt verlohne durchaus, nach alternativen, zukunftsträchtigen Konzepten und Nutzungsmöglichkeiten Ausschau zu halten. „Der Messeplatz Sinsheim ist mit neuen Ideen zu füllen“.

Nicht in Frage gestellt sieht Stadträtin Dorothea Vogt den dritten Autobahnanschluss „Sins-heim-Mitte“. Der Bedarf sei messeunabhängig vornehmlich als Entlastung des „gebeutelten“ Stadtteils Steinsfurt nach wie vor gegeben: „Ein Zurück gibt es mit uns nicht“. Die Frage, welche geldwerten Vorteile der Messe Sinsheim direkt wie indirekt durch die Große Kreisstadt gewährt worden seien, trieb den Ratskollegen Michael Czink um, der eine entsprechende Anfrage an die Stadtverwaltung richten möchte. Die „Vernichtung von Arbeitsplätzen“ im unmittelbaren Tätigkeitsfeld der Messe sowie im weiteren Dienstleis-tungsumfeld thematisierte Gemeinderat Michael Kirsch: Durch eine „brutale Raubritter-Politik“ würden viele Existenzen fahrlässig gefährdet und das, obwohl die Landesregierung sich die Schaffung von Arbeitsplätzen auf die Fahne geschrieben habe. „Der Vorrang für Arbeit gilt wohl nur für die Region Stuttgart“.